Im Bereich der Regulatorik spürt die Leasing-Wirtschaft seit langem den immer stärkeren Einfluss der europäischen Rechtsetzung. Dasselbe gilt etwa auch beim Verbraucherschutz oder bei den Bedingungen für die Einbindung von Fördermitteln in Leasing-Investitionen. Selbst das Insolvenzrecht ist nicht vor dem langen Arm Brüssels gefeit, wie die aktuelle Entwicklung in Sachen „Präventiver Restrukturierungsrahmen“ zeigt. Der BDL hat dieser Entwicklung schon vor Jahren durch die Einrichtung eines eigenen Büros in Brüssel Rechnung getragen, das die Themen mit europäischem Bezug direkt vor Ort begleitet.
IFRS-Bilanzierung bisher im Mittelpunkt
Im Zuständigkeitsbereich des Bilanz- und Steuerausschusses des BDL nimmt Brüssel bisher vor allem im Bereich der Rechnungslegung nach International Financial Reporting Standards (IFRS) unmittelbaren Einfluss. Die vom supranationalen privatrechtlichen Standardsetzer IASB verabschiedeten IFRS sind nach der formellen Anerkennung durch die EU-Kommission von allen kapitalmarktorientierten Unternehmen in der Europäischen Union verbindlich anzuwenden. Dies betrifft aktuell beispielsweise den neuen Leasing-Standard IFRS 16, der erstmals zum 1. Januar 2019 verpflichtend zur Anwendung kam. Der ganz überwiegende Teil der deutschen Unternehmen, der ausschließlich nach nationalem Handelsrecht (HGB) bilanziert, spürt davon jedoch nichts.
Es gilt für die handelsrechtliche Bilanzierung die sogenannte EU-Bilanzrichtlinie, die den Mitgliedstaaten erhebliche Spielräume bei der nationalen Umsetzung belässt. So gibt es derzeit keinen Grund zu der Besorgnis, dass die Leasing-Bilanzierung nach HGB auf absehbare Zeit von IFRS 16 beeinflusst werden könnte,
erklärt BDL-Geschäftsführer Dr. Martin Vosseler.
Auf dem Gebiet der Steuern spielt europäisches Recht bisher vor allem bei der Umsatzsteuer eine gewichtige Rolle. Die sogenannte Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie gibt einen verbindlichen Rahmen für die nationalen Umsatzsteuervorschriften der EU-Mitgliedstaaten vor, sodass ein harmonisiertes gemeinsames Mehrwertsteuersystem entsteht. Im Bereich der direkten Steuern sind die europäischen Harmonisierungsbestrebungen demgegenüber in der Vergangenheit nur wenig vorangekommen. Einen neuen Anlauf gibt es jetzt in Gestalt des Kommissionsvorschlags für eine Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB).
Neuer Anlauf bei direkten Steuern
Das Vorhaben zielt im Kern auf eine EU-weite Vereinheitlichung der Gewinnermittlungsvorschriften, verbunden mit einem Regelwerk für die Verrechnung und Aufteilung der Ergebnisbestandteile international tätiger Unternehmen aus verschiedenen Mitgliedstaaten (Konsolidierung). Nachdem ein erster Entwurf aus dem Jahr 2011 bereits an unüberwindbaren Interessengegensätzen der Mitgliedstaaten gescheitert ist, wurde das Projekt in dem aktuellen, 2016 vorgelegten Vorschlag in zwei Teile zerlegt: In einem ersten Schritt soll die einheitliche Bemessungsgrundlage (GKB) eingeführt werden, bevor man sich später der noch streitanfälligeren Konsolidierung zuwenden will. Der bisher sehr zähe Verlauf der Beratungen gibt jedoch Anlass zu erheblichen Zweifeln, ob dem ambitionierten Vorhaben dieses Mal mehr Erfolg beschieden sein wird. „Aus Leasing-Sicht ist in dem GKB-Projekt vor allem die Frage der Zurechnung des Leasing-Objekts zum Leasing-Geber oder zum Leasing-Nehmer von Interesse, nach der sich die Abschreibungsberechtigung des Objekts und die erfolgswirksame Behandlung der Leasing-Raten richten“, führt Rainer Steinbach, Vorsitzender des Bilanz- und Steuerausschusses des BDL, aus. Der Kommissionsvorschlag sieht hier grundsätzlich eine Zurechnung beim wirtschaftlichen Eigentümer vor, der auf der Grundlage einer Betrachtung der Chancen und Risiken zu ermitteln ist. In Zweifelsfällen soll auf das zivilrechtliche Eigentum zurückgegriffen werden.
„Der BDL begrüßt diesen Ansatz im Grundsatz, der mit seiner wirtschaftlichen Betrachtung von Chancen und Risiken methodisch dem aus dem deutschen Steuerrecht bekannten Vorgehen entspricht. Im Detail sind jedoch Korrekturen erforderlich“, erklärt Steinbach. „Insbesondere ist eine stärkere Berücksichtigung des zivilrechtlichen Eigentums als Regel-Zurechnungskriterium zu fordern, das nur im Sonderfall einer faktischen ‚Aushöhlung‘ durch einen Dritten als wirtschaftlichen Eigentümer ausnahmsweise in den Hintergrund treten kann.“ Ganz generell sollte in dem als Richtlinie ausgestalteten GKB-Vorschlag auf die Festlegung allzu detaillierter Vorgaben zur Definition der zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Eigentümerstellung verzichtet werden.
Nur wenn den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung genügend Spielraum zur Berücksichtigung nationaler Gegebenheiten bleibt, wird der Tatsache 'Leasing is local business' angemessen Rechnung getragen,
ergänzt Rainer Steinbach, Vorsitzender des Bilanz- und Steuerausschusses des BDL.
EuGH-Rechtsprechung gewinnt an Bedeutung
Eine weitere Quelle für den zunehmenden europäischen Einfluss im steuerlichen Bereich ist die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Dies ist vor allem bei der Umsatzsteuer spürbar, bei der aufgrund der weitreichenden Harmonisierung praktisch alle Anwendungs- und Auslegungsfragen in die Zuständigkeit des EuGH fallen. Unmittelbare Bedeutung für die umsatzsteuerliche Behandlung des Leasing in Deutschland kann beispielsweise die Entscheidung „Mercedes Benz Financial Services UK“ vom 4. Oktober 2017 entfalten. Die dort präzisierten Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Behandlung von Nutzungsüberlassungen als umsatzsteuerliche Lieferung werden in Deutschland de facto nur beim Mietkauf erfüllt. Wenn das Urteil im deutschen Umsatzsteuer-Anwendungserlass angemessen Berücksichtigung findet, dürfte es in Betriebsprüfungen zukünftig weniger Anlass zu Diskussionen über die Abgrenzung zwischen umsatzsteuerlicher Lieferung und sonstiger Leistung im Zusammenhang mit Leasing-Verhältnissen geben.
„Der BDL ist für die zukünftigen Herausforderungen im Bereich Bilanzierung und Steuern bestens gewappnet. Auf der Grundlage der fachlichen Expertise des Bilanz- und Steuerausschusses arbeiten die Berliner Geschäftsstelle und das Büro Brüssel Hand in Hand an den vielfältigen Themen. Durch diese breite Aufstellung können die Interessen der Leasing-Wirtschaft gegenüber Gesetzgeber und Verwaltung auf nationaler Ebene ebenso fundiert und wirkungsvoll vertreten werden wie im Bedarfsfall auch in Brüssel“, ist BDL-Geschäftsführer Dr. Martin Vosseler zuversichtlich.